13.11.2015, Linz, Posthof
13.11.2015, Linz, Posthof
Guten Morgen, liebes Tagebuch!
Nach unserer „Generalprobe“ in Mallersdorf geht sie nun tatsächlich richtig los, unsere Akustiktour. Mit Nightliner, Truck und einer ganzen Menge an Konzerten. Den Auftakt machen wir in Linz und Graz, bei den österreichischen Nachbarn. Donnerstag ist Probetag und wir reden noch einmal über die Setliste, verfeinern hier und da und proben ein paar Neuerungen und Knacker. Anschließend lassen wir den Abend beim gemeinsamen Abendessen ausklingen, wo wir Ideen für die nächsten Wochen und Monate spinnen…
Gegen 23 Uhr kommt der Nightliner und sammelt uns am Proberaum auf. Los geht die Reise und ich versuche es mit Schlafen. Irgendwie wird das heute Nacht aber nichts. Zu viele Gedanken schwirren in meinem Kopf umher.
Entsprechend zerknittert stehe ich morgens auf, und betrete den Posthof, den wir inzwischen in- und auswendig kennen. Das schöne sind hier die Backstageräume mit Betten und Duschen und so lege ich mich zwischenzeitlich immer mal wieder kurz ab. Powernapping heißt das auf Neudeutsch. Die Crew baut indessen die Bühne auf und dank ein paar Änderungen im Set dürfen neue Backlinelisten geschrieben werden. Das sind übrigens ganz normale Setlisten, in die der jeweilige Backliner sich Notizen macht, welches Instrument bei welchem Song wem wie gestimmt gereicht werden soll/darf/muss…
Um kurz vor 16 Uhr treffen wir uns zum Soundcheck. Die Halle birgt ohne Publikum eine große Tücke: Man hört auf der Bühne jeden Ton doppelt. Einmal den eigentlich gespielten, einmal die Reflexion von der Wand ein paar Millisekunden später. Zum Teil recht schwer zu orten, welches nun der richtige ist, vor allem, wenn Stefan vom Schlagzeug auf die Cajon umsteigt. Eine Nummer ist so schlicht nicht spielbar und so klettert er zurück an die Schießbude.
Es folgt ein kurzer Umbau und die Vorband – Schandmäulchen – checkt ebenfalls kurz den Sound. Danach gibt es die legendären Posthofschnitzel in Tellergröße. Viel Zeit bleibt jetzt nicht mehr und es gilt sich umzuziehen. Fürs Vorprogramm. Um 18.30 Uhr ist bereits Einlass und um 19.20 Uhr startet die Show.
Es wird ein atmosphärischer Abend, auch, wenn in irgendeiner Absprache die Bestuhlung unterging und jetzt doch ein Stehkonzert ist. Es tut dem Ganzen keinen Abbruch. Lediglich in Michas Umschaltarie zwischen meinen Gitarren sitzt wohl ein Würmchen, zumindest sind die Ausgangspegel und Klangunterschiede von Song zu Song extrem. Das hatten wir Mallersdorf nicht, da haben wir aber nur ein Kabel verwendet und das umgesteckt. Also müssen wir in Graz nochmal auf Fehlersuche gehen, diesen Abend müssen Cese, Marc und ich damit leben.
Nach dem Konzert ziehen wir uns kurz um, duschen und gehen dann nochmal raus zu den Fans. Es gibt Autogramme und Fotos und wir machen uns gut gelaunt auf den Weg in die Backstageräume.
Bis dahin haben wir von den Ereignissen in Paris natürlich noch nichts mitbekommen, aber nun sprechen sich die Nachrichten in Windeseile herum. Schlimm, was da passiert ist. Schlimm, dass Menschen so etwas anderen Menschen antun, Schlimm, dass ein paar Idioten eine ganze Religion in Verruf bringen. Ich möchte an dieser Stelle nicht weiter darauf eingehen, das würde den Rahmen sprengen und ich müsste bis ins Jahr 1953 in den Iran zu Mohammad Mossadegh zurückblenden. Ich möchte euch aber eins auf den Weg mitgeben, was ich aus meinem Geschichtsstudium gelernt habe: Traue NIE nur EINER Quelle (und schon gar nicht nur der Schlagzeile ohne den Artikel darunter!). Lies mindestens drei unterschiedliche Berichte aus verschiedenen Ländern und politischen Lagern. Dann erst beginne damit, dir ein Bild zu machen. Kritisches Hinterfragen ist in Zeiten wie diesen wichtiger denn je.
Ich falle jetzt kopfschüttelnd in meine Koje
Gute Nacht
Hipp Höpp
Ducky