22.7.2016 – 24.7.2016, Emmendingen, Erfurt, Aspach

Guten Morgen, liebes Tagebuch!

Es ist Donnerstag, der 21.7. Wir proben gegen 16 Uhr und bereiten uns auf unseren zweiten Livestream vor. Diesmal mit Liveperformance. Es gibt den Song „Leuchtfeuer“ im akustischen Gewandt zu hören und zu sehen. Denn den wird es ab morgen zum einen als Video zu sehen geben, zum anderen können digitale Vorbesteller ihn bereits jetzt downloaden.
Ich besorge mir im Vorfeld einen Mikrophonvorverstärker, den man am iPad anschließen kann, denn dieser Facebookstream läuft ausschließlich über die Mentionsapp. Und damit ist es nicht möglich, mehrere akustische Signale einzuspeisen, sondern lediglich über das interne Mikrophon oder eben ein einzelnes externes über besagten Vorverstärker. Das will natürlich im Vorfeld alles ausprobiert werden. Bei uns klingt alles fein und so starten wir um 20 Uhr. Der erste Versuch wird wegen Netzschwierigkeiten abgebrochen. Der zweite läuft dann. Warum bei rund einem Drittel der User der Ton viel zu leise ist, beim Rest und bei uns selber dagegen völlig in Ordnung ist, wird wohl ein ewiges Rätsel bleiben…
Um 23 Uhr kommt der Nightliner und wir fahren los nach Emmendingen, wo dieses Konzertwochenende beginnt. Ein kleines idyllisches Städtchen im Südwesten der Republik.
Im Bus unterhalten wir uns über aktuelle Themen und diskutieren dabei auch, was wäre, wenn es bei uns im Umfeld zu Anschlägen käme. Wie aktuell uns das treffen kann und wird, sollen wir am nächsten Tag erfahren…
Ich erwache wie meistens viel zu früh. Die Sonne brennt auf den Bus und wir haben noch keinen Starkstrom. Und damit auch keine Klimaanlage. Insofern werde ich vom eigenen Saft aus der Koje gespült und mache mich auf den Weg. Ein schönes Plätzchen ist das hier. Zwar eine relativ kleine Bühne, aber das macht nichts. Der Laufsteg schrumpft heute zum „Egonäschen“ und die Videowalls fallen einfach weg. Trotzdem mag ich persönlich solche Bühnen fast lieber, als die überdimensionalen Dinger.
Die Kollegen von Megaherz sind wieder mit am Start und natürlich der Graf samt Gefolge.
Das Schlösschen, in dem wir untergebracht sind, ist ein Mahnmal für die hier einst gestandene jüdische Synagoge, die unter den Nazis abgerissen wurde. Ein mulmiges Gefühl…
Megaherz eröffnen den Abend und danach sind wir dran. Es wird eine schöne, wenn auch wie immer zu kurze Vorstellung.
Kaum von der Bühne kommt Stagemanager Armin auf uns zu und teilt uns mit, was in München passiert ist. Und dass wir schnell zuhause anrufen sollen, ob alles ok ist. Zum Glück ist von unseren Lieben niemand betroffen, aber das Gespräch von heute Nacht ist wieder mehr als präsent. Umso widerlicher, wie im Netz damit umgegangen wird. Gefakte Bilder, vorschnelle Vorverurteilungen. Das ganze Programm.
Ich kann an dieser Stelle nur zu Besonnenheit aufrufen. Gegen Pauschalurteile und Verallgemeinerungen. Ist es denn so schwer, Menschen nicht nach Herkunft, Religion und Hautfarbe zu beurteilen sondern nach ihren Taten?
Nachdenklich machen wir uns auf den Weg zur Autogrammstunde, wo wir heute wieder einen riesigen Andrang erleben. Es freut uns natürlich, dass wir so viel positive Resonanz erfahren.
Gegen 1 Uhr startet der Bus in Richtung Erfurt. Ich trinke noch eine Hopfenbrause, dann ruft mich meine Koje.

Am nächsten Morgen ist es bewölkt und das Konzert findet in einer Messehalle statt. Das hat den Vorteil, dass es in jedem Fall trocken und auch dunkel ist, dafür steht hier noch die Hitze der letzten Tage und man möchte lieber schwimmen, als gehen, so dampfig ist es. Die Garderoben sind einen Stock weiter oben unterm Blechdach und entsprechend aufgeheizt. „Setze ich mich in den Kühlschrank oder mache ich mir einen Aufguss“ ist die Frage des Tages.
Heute gibt es wieder drei Vorbands. Winzent Weiss, Staubkind und unsereins. Unheilig sind mit ihrem Soundcheck schnell durch und so beeilen wir uns ebenfalls, dass alles rechtzeitig klappt.
Als Ersatz für Cese ist dieses Wochenende Julia für den Monitorsound zuständig und sie macht einen feinen Job.
Da kann man beruhigt auf die Bühne.
Während die Staubkinder spielen – worüber ich mich persönlich übrigens sehr freue, denn bislang sind wir uns nie persönlich über den Weg gelaufen – machen wir uns bühnenfertig, stoßen an undbegeben uns in die Hitzeschlacht. Für unsere halbe Stunde ok, aber der Graf tut mir heute richtig leid. Das ist eine echt sportliche Leistung.
Nach dem Konzert gibt’s wieder Autogramme und auch heute ist riesen Andrang. Ein paar bekannte Gesichter und nette Menschen sind auch vor Ort und so ist der heutige Tag ein erfolgreicher und schöner.
Da wir erst gegen 3 Uhr abfahren, ist vor unserem Bus noch großes Sit in von Unheilig, Schandmaul und den beiden Crews. Es wird philosophiert und erzählt und der überschüssige Gerstensaft reduziert.
Ich verabschiede mich recht bald in die Koje, denn mein Nightlinerschlaf ist immer wenig erholsam und entsprechend müde bin ich. Auf nach Oberaspach!

aspach_0002Der nächste Tag beginnt skurril: Wir stehen neben einem Fußballplatz. Hinter uns ein Gebäude im Alpenhüttenlook, hinter dem wiederum das Stadion steht, in dem wir heute spielen. Vor dem Fußballplatz wartet eine Menschenmenge, unterhalten von DJ Gnadenlos und Dauerschlagerbeschallung. Was ist hier los? Ich erfahre, dass Andrea Berg hier gleich eine Autogrammstunde gibt. Ahhhh ja… Und DJ Bobo rennt hier tatsächlich auch rum, der macht wohl die Choreografie für Andreas TänzerInnen. Die hatte nämlich gestern hier eine DVD-Aufzeichnung und die Bühne ist bei unserem Eintreffen noch nicht einmal geräumt. Es stehen also zwei Produktionen am Platz. Etliche Nightliner (7 meine ich…) und Trucks sind am Be – und Entladen und stehen sich gegenseitig im Weg rum. Jetzt kommt Andrea mit ihrem Heli eingeflogen und landet neben unserem Bus. Die Menschenschlange darf in kleinen Grüppchen vortreten und sich eine Autogrammkarte holen. Mit einem piepsigen dreifachen „Hipp Hipp“ begrüßt Frau Berg die Massen, die mit einem dreifachen „Hurra“ antworten. Komischer Film ist das…
Der Schlagerbeschallung entfliehen wir erst zum Soundcheck, der heute recht früh ist, genau wie Einlass und alle Auftritte. Bereits um 18.45h sind wir dran und die Sonne steht jetzt genau gegenüber der Bühne. Wir fühlen uns wie Grillhähnchen und wünschen uns Sonnenbrillen auf die Augen. Aber das sieht immer so sch…. aus. Also Augen zu und durch. Wörtlich genommen.
Das Konzert macht Spaß und wir blicken wie so oft vor neuem Publikum erst in fragende, dann in fröhliche und berührte Gesichter. Das ist ein wunderbares Gefühl!
Nach dem Konzert muss ich dringend duschen. Der Brathähnchensaft muss weg…
Nach Unheilig stellen wir uns strategisch geschickt in den Ausgang und geben Autogramme, machen Fotos und unterhalten uns. Es hat den Menschen offensichtlich gefallen und das ist gut so!
Der restliche Abend klingt bei Gesprächen mit den Kollegen aus und nach und nach krabbeln wir in unsere Kojen… Bis zum nächsten Wochenende!

Gute Nacht

Hipp Höpp

Ducky