29.1.2012, Nürnberg, Löwensaal

29.1.2012, Nürnberg, Löwensaal

Guten Morgen, liebes Tagebuch,

wir sind durch ein paar Klimazonen gereist! Statt kühlem Lüftchen und Knospen an den Bäumen ist es hier bitter kalt und es liegen Eis und Schnee.
Beim Blick aus meinem Kojenfenster traue ich meinen Augen kaum! Sonst ist alles beim Alten: Ein Parkplatz oberhalb des Nürnberger Tiergartens, leicht bewaldetes Gelände, daneben das Hotel zum Tiergarten, das seit Jahren aussieht, als sei es leer stehend. In Wahrheit weiß ich gar nicht, ob das stimmt oder nicht…
Und dann der Löwensaal… Kleine Bühne, Kuppeldach mit garantierter Höchstanforderung an die Tontechniker, Platz für rund 1500 Menschen inklusive Balkon. Sauerstoffzufuhr mangelhaft. Der Backstagebereich ist im Keller und die Duschsituation ist eine Katastrophe: EINE Dusche und die ist mitten im Produktionsbüro und direkt am Gang, durch den alle laufen müssen.
Auch beim Toilettengang sollte man bestens befreundet sein und möglichst sämtliche Hemmungen voreinander abgelegt haben. Die Tür zum Gang gibt es nicht, die 2 Kabinen sind leicht erhöht und die Abtrennung dazwischen ist so niedrig, dass man beim Betreten zwangsläufig in die Nachbarkabine blicken muss. Außerdem befinden sich vor den Kabinen das einzige Waschbecken und der einzige Spiegel. Es ist also entsprechend immer gut belegt hier und sowas wie Intimsphäre völlig fehl am Platz-
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Im Erdgeschoss, zwischen Bühne und Eingangsbereich befindet sich noch ein größerer Raum, hier kann man sitzen und das Catering zu sich nehmen.
Und so beginnt der Tag mit Dreierlei von der Wurst: Nürnberger Rostbratwürstl, Wienerl und Weißwürscht. Letztere natürlich traditionsgemäß im Bayerischen Dialekt geschrieben… Eine ordentliche Grundlage!

Die zugegebener Maßen geringe Begeisterung meinerseits die räumliche Situation betreffend führt unweigerlich zum einzig vernünftigen Schritt: Ich gehe in den Bus! Hier ist es ruhig und gemütlich.
Im Löwensaal baut unsere Crew indessen in liebevoller Kleinarbeit so viel von der Produktion wie möglich auf an und über die Bühne. Es gibt sogar Riser für Stefan, Hiasl und mich, nur muss sich der Herr Schlagzeuger heute auf gleiche Ebene wie die beiden Saitenzupfer begeben. Wir haben zu dritt quasi einen überdimensionalen Mega-Riser. Zudem sitzen mir neben vielen Kleinleuchten zwei Monster-Variolights im Rücken sowie ein paar Publikumsblinder. Ich ahne schon im Vorfeld: Heute ist Brathähnchenfeeling angesagt…

Als Überraschung schaut heute auch die eigentlich schon ausgecheckte Anna vorbei. Nürnberg ist nicht weit und so kam die Idee, dass Anna zur Show die erste Nummer spielt und die Geige dann – quasi symbolisch – an Ally übergibt. Beide Damen machen beim Soundcheck mit und anschließend gibt es Abendessen. Schweinsbraten mit Knödeln. Lecker!

Bis kurz vor der Show verkrümel ich mich wieder im Bus, sammel Kräfte und fülle meine Wasserreserven auf. Die werde ich heute brauchen!
Gegen halb 8 mache ich mich auf den Weg zurück in die Halle, wo es langsam ans Umziehen geht und der Sturm auf das eine Waschbecken und die beiden kommunikativen Toiletten beginnt.

Der Löwensaal ist gesteckt voll, der Sauerstoffgehalt der Luft gegen null Prozent gesunken und langsam aber sicher ist Kiemenatmung angezeigt!
Heute ritualisieren wir zu acht. Sechs Schandmäuler plus Danny plus Ally. Dann mal auf ins Aquarium – pardon, den Löwensaal!

Die Stimmung ist sofort super und die erste Nummer bestreiten wir in Originalbesetzung, dann verabschiedet sich Anna in den wohlverdienten Schwangerschaftsurlaub.
Das Konzert wird ausgelassen und heiß! Ich fühle mich tatsächlich wie ein Brathendl am Spieß und zusätzlich zur Hitze und zum Sauerstoffmangel kommt noch Klogeruch aus der Hallentoilette auf die Bühne geweht. Da macht das Atmen doppelt Laune…
Wir feiern mit dem Publikum einen tollen Abend, es wird ein würdiger Abschluss dieses Tourblocks.

Jetzt heißt es schnell die eine Dusche sinnvoll aufzuteilen und dann raus zu den Fans zu gehen, die schon auf uns warten.
Irgendwann ist der Saal leer und wir begeben uns langsam in den Bus, wo wir noch lange beisammen sitzen, bevor die Kojen rufen.

Jetzt geht es erst einmal nach Hause, sämtliche Krankheiten auskurieren, ausschlafen, erholen um dann in die nächsten Tourblöcke zu starten. Bis dahin!

Hipp Höpp

Ducky