8.12.2017 – 10.12.2017, Memmingen Kaminwerk, Pratteln Z7, München Zenith

8.12.2017 – 10.12.2017, Memmingen Kaminwerk, Pratteln Z7, München Zenith

 

Guten Morgen liebes Tagebuch!

Schon mal vorab: Ein normaler Tourbericht wird das nicht. Was für ein ereignisreiches Wochenende. Ich sortiere mal kurz das Chaos in meinem Kopf und lege los. Am besten von vorne und der Reihe nach:
Es ist Donnerstag Abend und das letzte Tourwochenende steht bevor. Wir treffen uns im Proberaum, um noch ein Instrumental zu üben, dann warten wir auf den Bus. Die Stimmung ist bestens, die grippal Angeschlagenen hatten ein wenig Zeit zum erholen und jeder fühlt sich weitestgehend fit. So steigen wir mit einem guten Gefühl in den Nightliner, um die letzten drei Shows einer bis dahin großartigen Tournee zu zelebrieren.

Gegen Mitternacht starten wir, um die unglaubliche Strecke von 109 Kilometern nach Memmingen zu bewältigen. Schnell in die Koje, um einzuschlafen, solange der Bus noch rollt. Ich habe aus der letzten Fahrt gelernt und meinen Winterschlafsack, erprobt bei – 15 Grad im Schnee, dabei. Den ziehe ich mir bis zur Nasenspitze zu und warte auf den Nordwind. Statt dessen ist es heute aber saunamäßig heiß und ich liege bald ohne jede Decke da. Dieser Bus und ich werden keine Freunde mehr…
Früh ins Bett bedeutet: früh wieder raus. Dummerweise hat die Halle noch zu. Dafür regnet es und ist scheußlich. Also auch kein Wetter, die Gegend zu erkunden. Es gibt Kaffee aus der Bordmaschine und das beliebte Spiel „für wieviel Euro würdest du…“ Gegen halb 10 öffnen die Tore und es geht zum Frühstücken. Dann beziehen wir die Backstageräume.

Der Tag vergeht wie jeder Tourtag. Man pendelt zwischen Catering, Bühne, Backstageräumen und eventuell noch draußen herum. Draußen entfällt heute für mich, denn der Regen geht in Schnee über und mein Schuhwerk ist nicht wintertauglich.

Um 16.30 Uhr ist Soundcheck. Auch hier geht es allen noch gut. Warum ich das so explizit erwähne, werdet ihr gleich erfahren… Es ist also ein ganz normaler Soundcheck mit einem anschließenden ganz normalen gemeinsamen Abendessen und einem ganz normalen gemeinsamen Einstimmen auf die Show. Ein ganz normales Ritualisieren und ein ganz normales Intro zur Show.
Was allerdings 20 Grad Temperaturunterschied durch die ganzen Scheinwerfer mit einem vermeindlich halbwegs genesenen Körper machen können, erleben wir im Folgenden. Thomas kämpft bereits bei der ersten Nummer sichtlich. Bei der zweiten hoffe ich, dass er die Kurve noch bekommt, spätestens nach der dritten Nummer ist mir klar, dass wir dieses Konzert nicht zu Ende spielen werden. Ab jetzt rotieren die Gedanken. WAS wachen wir? WIE machen wir es? Und vor allem: WANN?
Thomas kämpft sich weiter, muss schließlich für eine Pause von der Bühne. Wir spielen kurzerhand das Instrumental, das wir gestern geprobt haben. Thomas kommt zurück. Noch eine halbe Nummer, dann brechen wir ab. Gesundheit geht vor. Und niemand will erleben, wie unser Frontmann und vor allem Freund auf der Bühne umfällt. Ich mache eine Ansage, die das Publikum sehr verständnisvoll aufnimmt. Dann ist die Show beendet. Natürlich belassen wir es nicht dabei! Wir sind keine Menschen, die jetzt sagen: Auftrag erfüllt, Kohle verdient. Nein. Dieses Konzert holen wir komplett nach! Alle Eintrittskarten können noch einmal verwendet werden, auch wenn sie schon eingerissen sind.
Wir fünf noch fitten Musiker gehen zügig wieder raus zu den Fans. Zu 99,9 % stoßen wir auf Verständnis. Der einen Dame, die nach dem Konzert zu mir meinte, ich solle mich mal in IHRE Lage versetzen und dass wir doch vorher wissen müssten, ob man eine Show spielen kann oder nicht kann ich nur nochmal sagen: Nein, das weißt man tatsächlich oft nicht! Wir mussten in unserer Karriere inclusive dieser Show genau 2 Konzerte abbrechen! Einmal wegen Norovirus, einmal wegen Grippe. Beides kann dich aus dem Nichts umhauen und du kannst dich vorher noch so fit gefühlt haben. Zudem hast du als Künstler IMMER den Anspruch, alles zu versuchen und alles zu geben. Aus Spaß bricht man kein Konzert ab. Natürlich tut es mir immer Leid, wenn jemand sich extra freigenommen hat etc. Aber für manche Dinge kann niemand etwas und gerade Thomas ist unterwegs ein höchst disziplinierter Mensch: Sofort nach der Show ins Bett, kein Kontakt mehr zu den Fans wegen Ansteckungsgefahr etc. Mehr geht prophylaktisch nicht. Wenn aber ein Mitmusiker oder Crewmitglied die Seuche einschleppt, hilft nur Echinacea und beten, dass sie sich nicht ausbreitet.

 

Grippe fegt Sänger von der Bühne

Wir entscheiden noch an diesem Abend, dass die Show am nächsten Tag in Pratteln ebenfalls nicht stattfinden kann.

Unsere Tourmutti Dirk setzt sich noch in Memmingen sofort ans Telefon und macht für Pratteln und das Kaminwerk direkt neue Termine klar, die ich sofort bei Facebook poste. Scho schnell mahlen unsere Mühlen.

Das Abschlusskonzert in München halten wir noch bis zum nächsten Tag offen.

Diesen Tag verbringt jeder zuhause bei der Familie und wir stehen in ständigem Telefonkontakt.
Allerdings erwischt  es jetzt auch kurzfristig nicht zu ersetzende Leute aus der Crew und somit ist klar: Auch München fällt erst einmal aus. Auch hier bemühen wir uns um einen Ersatztermin!

Wir wollen diesen Stand aber als Tourabschluss nicht akzeptieren und beschließen, uns am Tag der Zenithshow noch einmal zu treffen. Zumindest alle, die noch stehen können. Wir bringen die Backline in den Proberaum und beschließen, uns abends ans Zenith zu stellen, ein paar Kästen Bier einzupacken und die Menschen, die die Nachricht vom Ausfall nicht rechtzeitig bekommen haben, persönlich zu empfangen und ihnen ein Hopfenkaltgetränk anzubieten. Das kommt bei den Fans gut an. Was der totale Knaller ist: Unsere Crew, die eigentlich seit gestern frei hätte, bleibt ebenfalls in München und gesellt sich bei Wind und Schneeregen zu uns, um diese Aktion durchzuziehen. Mehr Zusammenhalt geht nicht und dafür lieben wir euch! DANKE!

Nach eiskalten 2,5 Stunden gehen wir zum Abschluss noch in ein Wirtshaus um die Ecke und lassen diesen Tag und vor allem eine wunderschöne Tour ausklingen. Die Stimmung ist trotz der widrigen Umstände am Ende fröhlich und sehr herzlich und wir wünschen allen Kranken schnelle und gute Besserung und freuen uns tierisch auf ein wahnsinniges 20. Jubiläumsjahr 2018 mit uns auf und euch allen vor der Bühne!

Mit einem Lächeln im Gesicht steige ich spätabends in mein Auto und mache mich auf in meinen geliebten Bayerischen Wald. Jetzt ist das restliche Jahr spielfreie Zeit, und dann nähert sich bereits der Termin für die ersten Aufnahmen für ein neues Album, auf das wir uns ebenfall schon sehr freuen… Doch dazu mehr in den nächsten Tagen und Wochen!

Gute Nacht

 

Hipp Höpp

 

Ducky