9.6.2018, Poyenberg, Irish Folk Festival
9.6.2018, Poyenberg, Irish Folk Festival
Guten Morgen liebes Tagebuch!
Wo spielen wir dieses Wochenende? In Poyenberg? Ich öffne die Kartenapp. Oha! Doch so weit nördlich? Das ist ja bei Wacken um die Ecke! Ich mache mich ein bisschen schlau, denn dieses Festival ist an mir bisher vollkommen vorüber gegangen. Seit 18 Jahren gibt es das schon, immer ratz fatz ausverkauft mit knapp 10000 Menschen. Was es im Internet zu sehen gibt sieht schon mal toll aus.
Weil die Fahrt sehr lange dauert, geht es schon sehr zeitnah los, der Nightliner pickt uns um 19 Uhr am Proberaum auf. Rund 1000 Kilometer liegen vor uns. Stefan du ich fahren noch ein paar Getränke besorgen, dann bestelle ich mir noch eine Pizza „Ducky spezial“, also eine Margarita mit Oliven, Knoblauch und Chili, dann machen wir uns auf die lange Reise. Der Vorteil einer frühen Abfahrt liegt darin, dass man noch gemütlich beieinander sitzen kann und sich unterhalten.
Das Klo in unserem Bus für dieses Wochenende stinkt so dermaßen, dass alle Raucher ausdrücklich darum gebeten werden, hier zu rauchen. Vorne beim Fahrer, wie sonst üblich, dürfen sie diesmal eh nicht und da, wo alle sitzen braucht es auch kein (nichtrauchender) Mensch. Die gefundene Lösung ist also eine sogenannte win-win-Situation.
Irgendwann ruft mich meine Koje und nach einer kurzen Nacht sind wir auch schon da. Viel schneller als befürchtet. Wir stehen am Gasthaus zur Eiche, wo wir Frühstück bekommen. Wobei „Frühstück“ deutlich untertrieben ist. Ein unfassbares Buffet wird hier aufgefahren. Und dann noch mit viel Liebe zubereitet. Da fühlt man sich sofort willkommen und merkt: Hier wird mit Leidenschaft gearbeitet. Toll!
Nach einem üppigen Mahl lege ich mich noch ein Stündchen hin, dann hält mich nichts mehr in der Koje. Noch ein wenig beisammen sitzen auf der Terrasse der Eiche, wobei bereits die ersten Festivalbesucher dazukommen. Ob wir extra wegen Schandmaul so weit angereist sind, will einer wissen. Ja, das könnte man schon so sagen…
Wir lassen uns zum Festival shutteln. Aber nur dieses eine Mal, denn die Entfernung ist mit 10 Minuten Fußweg überschaubar und der motorisierte Transport eher peinlich. Oben/unten/drüben angekommen, bin ich erstmal baff. Mit sowas habe ich nicht gerechnet. Ein Platz, der mich spontan an einen Turnierplatz erinnert, umsäumt von liebevoll aufgebauten Ständen, jeweils mit dem Thema irgend eines Landes. Bei „Irland“ zum Beispiel gibt es einen künstlichen Bach, in den man seine Füße halten kann. Man spürt in jedem Detail eine Begeisterung aller Mitarbeiter, die sich spontan auf mich überträgt. Ich finde es großartig hier.
Der Eindruck zieht sich durch den ganzen Tag. Alle freundlich, selbst die gerne mal genervten Securities, die sich den ganzen Tag die Beine in den Bauch stehen, sind allesamt super nett und haben sogar spät abends noch ein Lächeln übrig.
Gegen 16 Uhr haben wir noch ein Bandmeeting, es geht um das neue Album und den Fahrplan für die nächsten Wochen. Dann haben wir wieder Zeit. Bis ca. 22 Uhr, denn da beginnt langsam aber sicher der Umbau auf uns.
Ich begebe mich aber schon deutlich vorher zurück zum Festival. Bis auf die „Red Hot Chilipipers“ kenne ich niemanden, bin aber sehr positiv überrascht ob der Qualität der Darbietungen und die geschmackvolle Zusammenstellung des Programms.
Das Publikum ist aufgeschlossen, friedlich und in Feierlaune.
Nach ein paar kulinarischen Highlights im Cateringzelt ist es irgendwann soweit und es wird Zeit, sich für die Show zu richten. Umziehen, einstimmen, ritualisieren, ab auf die Bretter!
Es wird ein toller Abend auf einem Geheimtippfestival, wo uns auch noch nicht jeder kennt. Spätestens bei der Zombie-Slowmotion ist das letzte Eis gebrochen. Paul bekommt wieder einen Großauftritt, weil Thomas beim „Drachentöter“ mit dem ersten Ton eine Saite zerreißt. Dummerweise kommt nach dem „Drachentöter“ der „Krieger“. Was einen Gitarrenwechsel auf die 7-Saiter bedeutet. Paul schmeißt also schnell die Akustische von sich, reicht mir eine Gitarre und ich mache mich auf den Weg nach vorne, weil ich das Intro spiele. Ich schaue nicht nach unten, fühle nur in die Saiten und fange an. Es klingt wie Mickimaus! Jetzt schaue ich doch genauer. Aha, da fehlt eine Saite und daher spiele ich eine Quarte zu hoch… Also nochmal schnell zurück zu Paul, die richtige Gitarre umgehängt, und wieder nach vorne. So klingt es schon besser. Zumindest bis zum Refrain. Da merke ich, dass die H-Saite einen Ganzton zu tief ist. Das „repariere“ ich schnell durch einen beherzten Dreh am Wirbel und jetzt ist alles fein. Bis darauf, dass ich kaum singen kann vor lauter lachen. So ist das eben bei LIVE-Musik. Fehler sind möglich und menschlich.
Ein schönes Konzert geht zu Ende und nach einer kurzen Trockenlegung geht’s nochmal kurz raus zu den Fans. Dann geht es zügig zum Bus und wir starten 1000 Kilometer retour.
Bis um 3 sitze ich noch unten, dann ruft mich unüberhörbar meine Koje.
Gute Nacht!
Hipp Höpp
Ducky